Raumplanung: Experimentieren statt reglementieren

Freitag, 29.06.2018
Die Instrumente der Raumplanung und die Planungs- und Baugesetze der Kantone sind stark auf Siedlungserweiterungen und damit das Bauen auf der grünen Wiese angelegt. Heute müssen sich die Siedlungen jedoch nach innen entwickeln. Am nationalen Kongress der Raumplaner und -planerinnen hat eine Arbeitsgruppe Ideen vorgestellt, wie künftige Raumplanung im bereits bestehenden Siedlungsgebiet aussehen müsste. Der Schweizer Verband für Raumplanung Espace-Suisse hat gleichzeitig die Webplattform www.densipedia.ch lanciert, die sich ganz der Sied-lungsentwicklung nach innen und der Verdichtung widmet.

Das seit Mai 2014 geltende revidierte Raumplanungsgesetz (RPG) stellt klar: Die Siedlungsentwicklung nach innen ist der Weg in die Zukunft. Statt weiterhin grüne Wiesen zu überbauen, gilt es, Baulücken zu füllen, Industrie- und andere Brachen in Städten und Dörfern umzunutzen und schlecht ausgenutzte Flächen im Siedlungsgebiet besser auszunutzen.

Letzteres, die sogenannten Nachverdichtungen, beschäftigen Kantone, Städte und Gemeinden, denn die Baulücken sind zunehmend gefüllt und die Brachen umgenutzt. Das Bauen im Bestand ist anspruchsvoll, denn die Konflikte sind hier grösser als auf der grünen Wiese oder auf Brachen. Dies zeigen die Diskussionen über den Ortsbildschutz und das Bauen in lärmbelasteten Gebieten.

Im Auftrag des Schweizer Raumplanungsverbands EspaceSuisse sucht eine hochkarätige Arbeitsgruppe von Juristen und Planungsfachleuten neue Wege für eine moderne Planung im Siedlungsgebiet. Am 29. Juni 2018 hat die Gruppe ihre ersten «sieben Impulse für eine hochwertige Innenentwicklung» an einem Fachkongress in Solothurn präsentiert.

Weniger reglementieren, mehr experimentieren

Die Spezialisten raten zu mehr Mut zum Experiment statt vorauseilender Reglementierung. Ein Impuls verlangt entsprechend: «Gemeinsam experimentieren – um die die guten Regeln zu finden!». Vorgeschlagen wird ein neuer Zonentyp, in dem weniger strikte Regeln gelten als in den gängigen Wohn- und Arbeitszonen. In einer «Experimentierzone» gäbe es zum Beispiel keine exakten Vorschriften zu Abständen zwischen den Gebäuden oder zu Gebäudehöhen. Da die Experimentierzone effektiv als Experiment zu verstehen ist, müsste sie auch scheitern dürfen. Hauptsache, es resultiert ein Lerneffekt: Welche Regeln funktionieren und sind wirklich nötig, welche sind obsolet?

Weitere Vorschläge der Arbeitsgruppe lauten: Raumplaner sollen mehr mit Bildern statt mit abstrakten Regeln und zweidimensionalen Plänen kommunizieren, und sich von der hoheitlichen Planung verabschieden – zugunsten von mehr Einbezug der Anwohnenden und Grundeigentümer («Partizipation statt Planung im Elfenbeinturm»).

Für Lukas Bühlmann, Direktor von EspaceSuisse, sind diese Impulse «zwar noch nicht das Gelbe vom Ei. Aber ein Denkanstoss. Denn mit noch mehr Reglementierung gefährden wir die Innenentwicklung».

Website zur Siedlungsentwicklung und Verdichtung lanciert

Ein Schritt, um die Raumplanung, vor allem die dringend nötige Siedlungsentwicklung nach innen, für breite Kreise fassbarer zu machen, ist «www.densipedia.ch». Die neue Webplattform für Innenentwicklung und Verdichtung wird vom Raumplanungsverband EspaceSuisse kuratiert. Sie vermittelt Wissen allgemein verständlich und zeigt gute Beispiele von Siedlungsentwicklung aus Schweizer Gemeinden.

Geschichte erforscht

Der Schweizer Raumplanungsverband EspaceSuisse feiert im Jahr 2018 sein 75-jähriges Bestehen. Er wurde im März 1943 in Zürich als «Schweizerische Vereinigung für Landesplanung» (VLP, später «VLP-ASPAN») gegründet. Anlässlich dieses eindrücklichen Jubiläums hat EspaceSuisse einen Historiker und eine Historikerin beauftragt, die Verbandsgeschichte zu recherchieren. Entstanden ist ein Essay, das zeigt, wie stark der Verband die Gesetzgebung und die Geschichte der Schweizer Raumplanung geprägt hat.

Das Essay «Von der VLP zu EspaceSuisse» ist online als PDF gratis einsehbar, oder es kann für 15 Franken als reich illustriertes Druckexemplar bestellt werden (Bestellung via E-Mail an info@espacesuisse.ch).

Aktuell auf Im Fokus:

Flowerpower und Raumplanung