Bodenqualität: Wir müssen jetzt handeln!

Heidi Schmidt, Stiftung sanu durabilitas, Kommunikation
Freitag, 01.09.2023
Darüber war man sich an der nationalen Tagung Bodenindexpunkte von Ende Mai in Biel BE einig. Die Stiftung sanu durabilitas hatte Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Raumplanung und Wissenschaft in das Kongresshaus geladen, um sich über nachhaltige Bodennutzung in der Schweiz auszutauschen. Im Mittelpunkt stand ein Instrument, das dabei helfen kann: der Bodenqualitätsindex.
Foto: Markus Spiske, Usplash

An einem Tag werden in der Schweiz fast sieben Fussballfelder Boden versiegelt und gehen dadurch für Generationen verloren. Die Schweiz hat aber nicht nur ein Problem mit dem Verlust von Bodenfläche, sondern auch mit dem Verlust von Bodenqualität. Genau da setzt das Instrument des Bodenqualitätsindexes an: Es gibt der Qualität der Böden einen messbaren Wert. Um das Instrument anwenden zu können, braucht es aber Informationen über unsere Böden, denn sie sind mehr als nur eine Fläche unter unseren Füssen: Wie geeignet ist der Boden, um Wasser zu speichern; wie gut können auf ihm Pflanzen wachsen?

«Bodeninformationen sind Mangelware …»

… konstatierte an der Tagung Armin Keller des Kompetenzzentrums Boden (KOBO). Denn in der Erforschung unserer Böden stehen wir erst am Anfang. Wir wissen mehr über das Universum als über das, was sich unter unseren Füssen befindet. In der Schweiz sind erst rund 4 Prozent der Böden kartiert.

«Boden ist lebenswichtig …»

… machte Gudrun Schwilch des Bundesamtes für Umwelt an der Tagung klar. Böden sind die Grundlage unseres Lebens: Nahrungsproduzent, Trinkwasserfilter, CO2-Speicher, Hochwasser- und Hitzeschützer. Ist ein Boden einmal versiegelt oder zerstört, braucht es mehrere Generationen, um ihn wieder aufzubauen. Deswegen hat sich die Schweiz mit der Bodenstrategie 2020 konkrete Ziele gesetzt, neben anderen steht der Erhalt der Bodenleistungen im Fokus. Dabei hilft der Bodenqualitätsindex, denn er kann Bodenqualität visualisieren.

«Ich habe heute feststellen müssen, dass ich wenig Ahnung von Bodenqualität habe …»

… bemerkte Samuel Kissling, Leiter Recht bei Espace Suisse. Plötzlich würden sie aber bei vielen aktuellen Themen eine Rolle spielen: Hitze, Hochwasser oder Klima. In der abschliessenden Podiumsdiskussion machte er klar, dass die Zeit drängt und dass es mehr Kommunikation, Aufklärung und Skalierung braucht, um den Böden die Aufmerksamkeit zu geben, die sie verdienen.

Böden einen Wert geben

Böden sind wichtige Verbündete für die Raumplanung, denn sie helfen, Lebensqualität zu verbessern. Werden ihre Leistungen im Siedlungsgebiet mit Hilfe des Bodenqualitätsindexes berücksichtigt, hat das folgende Vorteile:

  • Hitzeinseln im städtischen Umfeld vermeiden
  • Hochwasserrisiko mindern
  • Biodiversität und ökologische Infrastruktur ermöglichen
  • Anpassung an den Klimawandel
  • den Forderungen des Bundes entgegenkommen

Erste Pilotprojekte zum Bodenqualitätsindex

Mit «Région Morges» läuft ein Pilotprojekt zum Bodenqualitätsindex im Siedlungsgebiet. Es wurden bereits drei konkrete Tools entwickelt. An der Tagung konnte Guillaume Raymondon von «Région Morges» diese vorstellen. Sie werden mittelfristig auch anderen Regionen oder Gemeinden kostenlos zur Verfügung gestellt.

Das erste Tool stellt in Form einer Hinweiskarte die Bodenqualität bezüglich einer vorher definierten Leistung dar (Bodenqualitätsindex). Ein weiteres Tool simuliert die Auswirkungen eines Bauprojekts auf die Bodenqualität, das dritte bietet die Möglichkeit, sich verändernde Gegebenheiten einzubeziehen.

Ein weiteres Pilotprojekt gibt es in Chamblioux-Bertigny FR, einem Areal zwischen den Gemeinden Givisiez, Granges-Paccot, Villars-Sur-Glâne und Fribourg. Dort wird das Instrument im Zusammenhang mit der Überbauung der Autobahn A12 und der Entwicklung neuer Quartiere Anwendung finden. Die Böden sind bereits kartiert, eine Begleitgruppe wurde installiert und ein Leitfaden zur nachhaltigen Bodennutzung entwickelt (deutsch und französisch). Dieser steht auch anderen Gemeinden und Regionen zur freien Verfügung.

Neu gestartet ist ein Pilotprojekt auf einem der grössten landwirtschaftlichen Betriebe der Schweiz, betrieben durch die Justizvollzugsanstalt (JVA) Witzwil BE. Dort steht das Spannungsfeld zwischen landwirtschaftlichen Flächen und Biodiversität im Zentrum.

Partner für neue Pilotprojekte gesucht

sanu durabilitas hat vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) und dem Bundesamt für Raumplanung (ARE) den Auftrag, weitere Pilotprojekte zum Bodenqualitätsindex in der Schweiz zu implementieren. Deswegen bietet der Think and Do Tank kostenlos Unterstützung bei der Initiierung von Pilotprojekten. In der Folge hilft sanu durabilitas dabei, die richtigen Akteurinnen und Akteure an einen Tisch zu bringen, sorgt für Austausch zwischen den Projekten und begleitet den Prozess – auch kommunikativ.

Gut zu wissen

Die nationale Tagung Bodenindexpunkte vom 23. Mai 2023 wurde von sanu durabilitas organisiert, einem Think and Do-Tank zur nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz mit Sitz in Biel. Unterstützt wurde sie von der Bodenkundlichen Gesellschaft Schweiz (BGS). Das Projekt «Bodenindexpunkte» wird getragen vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) und vom Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) sowie von der Volkart Stiftung.
sanudurabilitas.ch
bodenqualität.ch

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