Gute Beispiele für Projekte zum Klimawandel

Marco Maurer, Raumplaner, Siedlungsberatung EspaceSuisse bis Ende Juni 2023
Dienstag, 25.07.2023
Die Anpassung an den Klimawandel sowie der Klimaschutz finden Eingang in die Raumplanung. Eine Auswahl von guten Beispielen zeigt auf, wie die Herausforderungen auf den verschiedenen Ebenen angegangen werden.
Mit welchen Massnahmen kann sich eine Stadt dem Klimawandel widmen? Ausschnitt aus der KlimaKonkret-Karte. (Quelle: klimakonkret/ortsentwicklung.at)

Einen Verfassungsartikel zu Klimaschutz und Klimaanpassung gibt es (noch) nicht. Ansonsten wären so manche Projekte vermutlich schon eher klimaangepasst umgesetzt worden oder man hätte sich schon weitere Gedanken zu Themen wie zum Beispiel der Kreislaufwirtschaft gemacht. Trotzdem gibt es eine Vielzahl von Projekten, die sich dem Klimawandel annehmen. Im Folgenden wird eine Auswahl von 14 bemerkenswerten Projekten vorgestellt, die schweizweit einen breiten Fächer an Themen abdecken. Jede der drei Staatsebenen ist in der Auswahl vertreten, wobei vorwiegend auf kommunale Projekte geachtet wurde, da diese das konkreteste Anschauungsmaterial bieten.

Eine mögliche Gliederung der Themenbereiche, in die sich die Herangehensweise an Klimaschutz beziehungsweise Klimaanpassung aufteilen lässt:

  • Biodiversität
  • CO2-Bindung
  • Denkmalschutz & Baukultur
  • Durchlüftung
  • Erneuerbare Energien
  • Freiraum
  • Gebäudebegrünung
  • Hitzeminderung
  • Kreislaufwirtschaft
  • Umgang mit Naturgefahren
  • Siedlungswasser

Die 14 Projekte im Überblick:

  1. Grünes Gallustal: Das «Grüne Gallustal» ist ein von Umweltschutzverbänden getragenes Projekt mit umfassenden und weitreichenden Ideen. Vorstellungen zu einer Begrünung der Stadt St. Gallen sind ebenfalls sehr prägend. Die Visualisierungen regen an, haben medial Wellen geschlagen und finden gemäss der Stadtverwaltung auch in politischen Diskussionen Einfluss. Das Projekt zeigt beispielhaft und radikal, wie sich eine Stadt dem Klimawandel annehmen kann und wie Hitzeminderung, ökologische Vernetzung und auch Biodiversität gefördert werden können. Das Projekt soll so auch für andere Städte oder Gemeinden inspirierend sein (s. auch Artikel Inforaum 1/2023 von EspaceSuisse).
     
  2. Klimaangepasstes Planungs- und Baugesetz des Kantons Zürich: Der Kanton Zürich will sein kantonales Planungs- und Baugesetz anpassen, indem «die Umgebung von Neubauten oder grösseren Umbauvorhaben zwingend begrünt werden muss, soweit die Verhältnisse dies zulassen und dabei neben gestalterischen auch siedlungsklimatische und ökologische Aspekte zu berücksichtigen sind».
     
  3. Leitfaden «Klimaangepasste Innenentwicklung» des Kantons Aargau: Der Leitfaden zeigt auf, wie unter Berücksichtigung verschiedenster Interessen die Siedlungsentwicklung nach innen klimaangepasst erfolgt. Es widmet sich auch der Prozessgestaltung und der Frage, wie der Klimawandel auf unterschiedlichen Ebenen und bei den unterschiedlichen Planungsinstrumenten miteinbezogen werden soll.
     
  4. Baumschutzreglement der Stadt Bern: Die Stadt Bern hat bereits seit vierzig Jahren ein Baumschutzreglement. Dies umfasst ein Inventar, in welchem spezifische Einzelbäume geschützt werden.
     
  5. Widmi-Areal Lenzburg AG: Das Widmi-Areal ist ein Wohnbauprojekt, welches aufgrund der vorherigen Nutzung der Wiese als Naherholungsraum auch in Zukunft einen grünen Charakter aufweisen soll. Das Spezielle an diesem Projekt ist die Vorgehensweise: Es wurde von Anfang an vom Freiraum her gedacht (s. Artikel auf densipedia.ch). So wurden zuerst die Freiräume definiert und erst anschliessend die Baugebiete festgelegt. EspaceSuisse hat dazu einen Kurzfilm produziert: Lust auf Innenentwicklung.
     
  6. Lac des Vernes, Meyrin GE: Der Lac des Vernes ist ein Speichersee eingebettet in einen urbanen Naturpark, der auch der Klimaanpassung dient (deutscher Kurzbeschrieb des Projektes). Der künstlich angelegte See dient für den Fall eines Hochwassers als Rückhaltebecken eines Baches. Zugleich entsteht beim See ein Naherholungsgebiet mit hoher Biodiversität, welches zum Teil auch der Energiegewinnung dient und für die Heizung des anliegenden Ecoquartiers genutzt wird. Unter anderem wegen diesem Projekt hat Meyrin 2022 den Wakkerpreis gewonnen.
     
  7. Projekt «Schwammstadt»: Der Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) forciert mit der Schwammstadt das klimaangepasste Wassermanagement im Siedlungsgebiet. Die Grundidee der Schwammstadt: Das Regenwasser wird gesammelt und gespeichert, anstatt es abzuleiten und zu kanalisieren. So soll Überflutung bei Starkregen vermieden und die Gesundheit von Bäumen verbessert werden. Ein konkretes Beispiel für die Schwammstadt ist der Stöckacker Süd in Bern (s. dazu auch Artikel auf densipedia.ch).
     
  8. Foce del Fiume Cassarate, Lugano TI: Durch die Renaturierung des Flusses Cassarate enstand ein neuer hochwertiger Freiraum mit Steg direkt am Lago di Lugano mit hoher Biodiversität, der den Bedingungen des Hochwasserschutzes entspricht.
     
  9. ACCLIMATASION, Sitten VS: Der Hauptort des Kantons Wallis hat sich für den Klimawandel gewappnet, daher auch der anmutende Name des Projekts. Durch Entsiegelung und Begrünung von Plätzen und Gebäudedächern wurde für natürliche Kühlung gesorgt, welche die Stadt mit den schweizweit meisten Sonnentagen im Jahr dringend brauchte. Aufgrund der innovativen Lösung fand es auch einen Platz im Pilotprgogramm des National Centre for Climate Service (NCCS).
     
  10. MFO-Park, Oerlikon ZH: Mitten im historischen Industriekomplex der ehemaligen Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) entstand ein urban anmutender Aussenraum, der schweizweit seinesgleichen sucht. Die Grundstruktur ist ein metallischer Kubus, der von Kletterpflanzen begrünt wird und den man auch begehen kann.
     
  11. Niderfeld, Dietikon ZH: Das Niderfeld ist mit circa 40 Hektaren die letzte grosse Baulandreserve der Stadt Dietikon und soll sorgfältig geplant werden. Daher lud die Eigentümerschaft drei Planungsteams ein, die den Rahmen für die Weiterführung des Projekts gesteckt haben. So entstand ein Masterplan, der als zentrales Element einen grossen Park in der Mitte des Perimeters vorsieht, und der auch als Auffangbecken für Starkniederschläge dient, zugleich aber hohe Biodiversität verspricht und zur Hitzeminderung beiträgt.
     
  12. Wohnbaugenossenschaft Linde, Steckborn TG: Da für Familien in der Altstadt der Thurgauer Gemeinde am Bodensee kein Wohnraum mehr zu finden war, gründete der Stadtrat eine Wohngenossenschaftssiedlung. Diese ist auch ausgiebig mit Freiraum gerüstet und versorgt die Bewohnerinnen und Bewohner durch die PV-Anlagen auf den Dächern mit erneuerbarer Energie.
     
  13. Klima-Handbuch für Kommunen: Dieses Handbuch aus Bayern (D) beinhaltet wissenschaftlich abgestützte, pragmatische Ansätze, Lösungen und Best-Practice-Beispiele, die dem Klimawandel den Kampf ansagen und insbesondere auf der kommunalen Ebene wirken. Es erklärt anschaulich, wieso aktives Handeln im Kleinen jetzt und dringend nötig ist.
     
  14. klimakonkret.at: Die österreichische Webseite zeigt anhand einer schematischen Karte sehr viele diverse und auch für Laien leicht greifbare Massnahmen auf, wie in der Raumplanung, aber auch im Alltagsleben das Klima geschützt wird und wie man sich daran anpassen kann. Sie soll zudem «positive Wegweiserin in eine klimagerechte Zukunft» sein.

Der Stand der Projekte ist unterschiedlich. Einige wurden bereits realisiert, andere befinden sich erst in der Umsetzung. Die Auswahl an den obigen Projekten soll als Inspiration dienen.

Übersicht von EspaceSuisse über weitere Projekte

EspaceSuisse hat eine umfassende Sammlung anhand der Themenbereiche am Anfang dieses Artikels erstellt. Sie finden sie hier.

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